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U-Verlagerung


 

Als U-Verlagerung (Untertage-Verlagerung) wurden Objekte bezeichnet, in die während der Zeit des Zweiten Weltkrieges, Rüstungs-und Produktionsanlagen unter die Erdoberfläche verlagert wurden. Bereits 1936 überlegte man, zu Beginn der Kriegsvorbereitungen, wie man die Bevölkerung, als auch industrielle Anlagen durch bauliche Maßnahmen vor gegnerischen Luftangriffen schützen könnte!

 

Die Technik im Flugzeugbau hatte sich verglichen mit dem Ersten Weltkrieg erheblich verbessert, die Reichweite der Bomber war bedeutend weiter und somit war die Bedrohung für mögliche Luftangriffe auf Industrie und Großstädte deutlich größer! In Ländern wie den USA, Frankreich, Großbritannien und noch einigen Anderen, hatte dieses Thema, im Vergleich zu Deutschland, schon vorher eine höhere Bedeutung. Nach dem Einmarsch in Paris1940, entdeckte man zum Beispiel unterirdische Fabriken mit dem Zweck der Rüstungsproduktion.

 

Zugangsstollen U-Verlagerung ZechsteinIn Deutschland bekam diese Thematik erst mit dem Beginn der strategischen Bombenangriffe der Alliierten, auf deutsche Städte und Industrie eine entsprechende Bedeutung. Mehr als 2,6 Millionen Tonnen Bomben, wurden zwischen 1941 und 1945 durch britische und amerikanische Flugzeuge auf das damalige deutsche Reich abgeworfen! Circa die Hälfte davon auf das ursprüngliche deutsche Gebiet, hauptsächlich über deutschen Großstädten, mit Standorten für die Rüstungsindustrie. Die Industrie konnte sich trotz des Bombardements zwar immer wieder erholen, aber ab 1943 begann man damit rüstungsrelevante Betriebe unter die Erde zu verlagern. Bevorzugt wurden dabei chemische Betriebe, sowie Kraftstoff und Schmiermittel herstellende Betriebe, da diese eine entscheidende Rolle für den weiteren Kriegsverlauf spielten.

 

Gemauerter Stollenbereich UV MalachitDie exackte Zahl der geplanten U- Verlagerungen ist bis heute, wegen der strengen Geheimhaltung nicht in vollem Umfang bekannt. 1943 wurde mit dem Bau der "Untertagefabriken" in Tunnelanlagen, Bergwerken, Höhlen, großen Kellern, sowie verbunkerten Großbauten begonnen. Bestehende unterirdische Anlagen wurden weiter aufgefahren und entsprechend ausgebaut, es wurden aber auch völlig neue Anlagen geschaffen. Beispiele dafür sind Projekte wie Weingut I bei Mühldorf und Weingut II bei Augsburg in Bayern, der U-Boot Bunker "Valentin" in Bremen, oder Stollenanlagen wie Malachit bei Halberstadt.

 

Die Anlagen waren über das gesamte ehemalige Reichsgebiet verteilt, in den benachbarten Ländern wie Tschechien, Österreich oder Frankreich sind diese Anlagen, wie auch in Deutschland teilweise noch erhalten. Die Bergbauregionen waren bevorzugte Standorte für diese Projekte, verglichen mit Neuprojekten waren die bereits bestehenden Stollenanlagen nach entsprechendem Aus-/Umbau schnell verfügbar!

 

Alle Verlagerungen bekamen aufgrund der hohen Geheimhaltung Decknamen die einem bestimmten Schema unterlagen.

 

  • Aktive Schachtanlagen bekamen Tiernamen, so zum Beispiel "Bär" für das Kaliwerk Abterode oder "Eber", Zeche Mansfeld Bochum
  • Stollenanlagen erhielten Fischnamen wie "Brasse" für die Gipsgrube Ernst Obrigheim, "Hecht" für die Asphaltgrube Escher Baum-,
  • Strauch- und Blumennamen wurden als Decknamen für Festungsanlagen und Bierkeller verwendet. Auch Mädchennamen wie zum Beispiel der Arzberger Keller in München, der den Namen "Isolde" bekam
  • für natürliche Höhlen wurden Begriffe aus dem Münzwesen verwendet. Ein Beispiel hierfür ist die Heimkehle bei Uftrungen in Thüringen, dort wurde unter dem Decknamen HELLER von den Junkerswerken Flugzeugfahrwerke gebaut.
  • komplett neu erstellten Untertageanlagen erhielten Namen aus der Geologie und Mineralogie. "MALACHIT" in den Thekenbergen bei Halberstadt mit einer Stollenlänge von ca. 17 Kilometern und 60.000 qm, ist wie bereits erwähnt ein Beispiel dazu.
  • Großflächige Neubauten von Betonbunkern erhielten entweder Männernamen oder bekamen eigenständige, wie die Bunker "WEINGUT" I und II

 

Kreuzgewölbe UV Richard IMit der Umsetzung war die Organisation TODT (OT), gegründet vom 1942 verstorbenen Fritz Todt und ab 1940 unter der Führung von Albert Speer beauftragt. Unter strengster Geheimhaltung erhilten zivile Ingenieurbüros meist den Auftrag der Planung, die Baumaßnahmen wurden dann von privaten oder staatseigenen Baufirmen durchgeführt. Trotz stellenweise herrschendem Materialmangel wurden viele der Anlagen in beachtlich kurzen Zeitphasen umgesetzt. Dies war allerdings dem rücksichtslosen Einsatz von Menschen geschuldet, die zum überwiegenden Teil aus Zwangsarbeitern von örtlichen Konzentrationslagern bestand.  ⟩⟩ Mittelbau Dora ⟨⟨ ist hierfür ein bekanntes unrühmliches Beispiel. Ca. 60.000 Häftlinge aus 48 Nationen wurden dort während dieser Zeit unter widrigsten Umständen zur Arbeit gezwungen und rund 20.000 fanden dabei ihren Tot!

 

Bei "Rohbaufertigstellung" einer Untertageanlage wurde diese mit einem Sperrvermerk versehen und einer oder mehreren Firmen der Rüstungsindustrie angeboten. Diese Firmen hatten dann i.d.R. 4 - 6 Wochen Zeit die Anlage zu bewerten und weitere bauliche Maßnahmen zu veranlassen, oder eine begründe Ablehnung der Örtlichkeit zu äußern! Wie bereits erwähnt, unterlagen alle Anlagen dieser Art der strengsten Geheimhaltung. Informationen und Pläne darüber wurden nur in sehr wenigen Exemplaren angefertigt und auch weitergegeben. Aus diesem Grund ist es bis heute oft schwierig einen lückenlosen Nachweis über Anlagen dieser Art zu dokumentieren.

 

Auf meinen Frankreichtouren, sowie weiteren hier in Deutschland oder anderen Nachbarländern habe ich Anlagen dieser Art erkundet. Leider ist stellenweise nicht immer genau bekannt, ob und was dort produziert wurde!

 

U-Verlagerungen

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